Kai Hansen, Amazon

Man stelle sich vor, es gäbe ein Kunstbuch, daß geeignet ist, die schlechten Erfahrungen schulischer Kunst-Interpretationen zu überwinden - und einem die Freude an der Kunst wieder eröffnen kann. Dieses Buch müßte auf lange Texte verzichten und trotzdem das besondere des Kunstwerkes anschaulich machen, jedoch so, daß man durch eigene Tätigkeit zu jeder Zeit sich selber und dasjenige, was angeschaut wird, in sich erleben kann. Hier ist das so.

Dieses Buch hat ein Spätwerk Mondrians zum Gegenstand, - entdeckt, als es fast schon in Auflösung begriffen war und deshalb stellenweise rekonstruiert werden mußte. "New York City", der Titel, legt einfachste Assoziationen und Interprationen nahe. Das aber wird Mondrian, dem Bild und den BetrachterInnen - nicht gerecht.

Der Autor Elmar Schrepfer macht es möglich, gerade weil er auf jegliche Interpretation verzichtet, in dem Bild ein Wunderwerk an Lebendigkeit zu entdecken. ER ermöglicht eine fast wissenschaftliche Aufschlüsselung des zunächst simpel und unspektakulär erscheinenden Raster-Bildes in klaren, durch seine Aufgliederung gut nachvollziehbaren Schrittenn. So werden der unvoreingenommenen Hinwendung mehr und mehr Bezüge deutlich, die das Interesse vertiefen. Was auf den ersten Blick verschlossen und rätselhaft erscheint, wird auf diesem Weg im eigenen wahrnehmenden Denken angeregt und man kann bei sich beobachten, wie das Bild beginnt in sich zu leben.

Die Methode, also das hin- und her blätternde Hinschauen und -denken ist auf einen mitvollziehenden, nachbildenden Prozeß der wahrnehmenden Betrachtung angelegt. Durch sehr genaue Abfolge von Beobachtungen zeichnet der Autor die Entstehungsgeschichte des Bildes nach, indem das Nacheinander, über- und untereinander der aufgeklebten Farbstreifen logisch ins Verhältnis gesetzt wird. Das wird von Kapitel zu Kapitel aufregender. Aus einer unauffälligen Ansammlung einfachster Lineaturen und Farbkreuzungen taucht Lebendiges auf wie aus einem Füllhorn. Das liegt daran, daß Mondrian die Gegensätze des Äußeren und inneren Erlebens in seiner Kunst darstellt, zuspitzt und gleichzeitig überwindet. Das Paradoxe macht Staunen. Es entstehen in der vertieften Betrachtung schöne Erlebnisse sich formender Rhythmen und Motive inmitten einer modernen Asymmetrie, die widerum in sich und mit sich im Gleichgewicht ist.
Das Bewußtseinsparadox des Menschen, sein gleichzeitig sinnliches und geistiges Dasein, - das erscheint hier. Aber Schrepfer geht an keiner Stelle so weit das "Verborgene" zu benennen, er verzichtet auf voraussetzungsvolles Herbeireden und genau das öffnet jene Räume, auf die es Mondrian angekommen sein mag.

Jeder Künstler, jeder Mathematiker, aber auch einfach an innerer Schönheit interessierte Menschen können sich an diesem doch zunächst spröden Gitter-Werk mehr und mehr entzünden. Es eröffnet sich nach und nach eine Vielfalt und ein nicht für möglich gehaltener Reichtum an musikalisch anmutenden Beziehungen und Gesetzmäßigkeiten, die Mondrians tiefe Beschäftigung mit dem Lebendigen im menschlichen Bewußtsein und in der Wahrnehmung anschaulich werden lassen.

Kommt hinzu, daß die puristische Gestaltung des Buches in faszinierender Weise genau dem auf das Wesentliche konzentrierten Bildaufbau folgt.
Der Buchgestalter Christian Schrepfer hat mit Zurückhaltung und sorgfältiger Ästhetik, eine Art Zeichensprache entwickelt, die angenehm und Orientierung gebend durch das Buch führt.

Dieses Buch ist auch als Übungsbuch zu empfehlen.


Kai Hansen, atempo

Dem Menschen der Zukunft

Viele kennen die Sehnsucht nach einer besseren Welt. Dabei wollen innere und äußere Spannungsverhältnisse zu einer Balance geführt werden. Die Einsicht, dass alles Gute im eigenen Tun beginnt, macht uns zu Übenden und führt auch zu der Frage, ob Handlungen aus Liebe oder aus Begierde nach Erfolg geschehen? Ein konsequenter Forscher in diesen Fragen war der holländische Maler Piet Mondrian.
Wir kennen ihn durch seine streng angeordneten Rechtecke in leuchtendem Gelb, Rot und Blau, begrenzt durch schwarze Geraden. Aktuell zeichnet nun eine Ausstellung in Hamburg* seinen Weg nach - von der Ruhe früher Landschaftsbilder zu seinen bekannten meditativen und geheimnisvollen Ikonen der Moderne. Verborgene Schätze im Spätwerk zu entschlüsseln, darum geht es auch in dem anregenden Buch von Elmar Schrepfer „Piet Mondrian New York City-Process“.
Geboren ist er 1872 in Holland, - umgeben von bäuerlichem Frieden. Auf den Feldern werden die Kartoffeln von Hand aufgeklaubt, Tiere ziehen geduldig Lasten, Kähne bewegen sich ruhig am weiten Horizont. Als er 1944 vor Ende des zweiten großen Weltkriegs in New York stirbt, gibt es Elektrizität, Automobile, Telefon, Kinofilme, hoch aufragende Wolkenkratzer. Tempo, Fortschritt und Technik haben den Menschen im Griff.
Gegensätze prägen sein künstlerisches Schaffen lebenslang: Licht und Finsternis, das Individuelle und das Universelle, sowie die Frage nach dem Gleichgewicht im Wesen des Menschen. Für ihn verlangt die Zeit vom Menschen ein Streben nach Schönheit und innerer Balance, darin sieht er die urmenschliche Schöpferkraft selbst in ihrem Ausdruck. Schrepfer zitiert: „Die Logik verlangt, dass Kunst der bildliche Ausdruck unseres ganzen Wesens sei, also auch der gestaltete Ausdruck [..] des Universellen in uns [..], das heißt die exakte Erscheinung außerhalb unseres Wesens.“
Immer konzentrierter vertieft sich der asketische Eremit Mondrian in die Gestaltungs-Bausteine des Daseins. Horizontale und Vertikale, Licht und Finsternis, Innen und Außen, das sind seine Urelemente. Goethes Farbenlehre bestätigt ihn in seiner Konzentration auf die drei Grundfarben, sie vermitteln zwischen dem Urgegensatz von Schwarz und Weiß.

Schrepfer macht Verhältnisse und Bezüge Schritt für Schritt erfahrbar. Mondrians Farbflächen werden so zu ganz persönlichen Übungsflächen. Selbst der Autor entdeckt, wie er sagt, immer neue Bezüge – und greift somit das Angebot in Mondrians Kunst auf: Ein Suchender nach der Schöpferkraft im Lebendigen zu sein. Im Buch zeigt der Prozess der Bildentstehung, wie lebendig Mondrian mit Prinzipien und Rhythmen umgeht. Folgt man dem Autor neuerdings** in der Darstellung der Gleichzeitigkeit der Bezüge im Bild, so steigern sich die Erlebnisse und – das darf gesagt werden, die Bewunderung für Piet Mondrian.
Mondrian schrieb 1920: „So verstanden ist das Universelle das, was stets ist und bleibt, das für uns mehr oder weniger Unbewusste, im Gegensatz zum mehr oder minder Bewussten, dem Individuellen, welches sich stets wiederholt und erneut. —
Unser ganzes Wesen ist sowohl das eine wie das andere: das Unbewusste und das Bewusste, das Unbewegliche und das Bewegliche; entstehend und Form wechselnd in wechselnder Aktion. Diese Aktion enthält alles Leid und alles Glück des Lebens, — das Leid entsteht durch fortgesetzte Scheidung, das Glück durch immerwährende Erneuerung des Veränderlichen. Als Unbewegliches steht über allem Leid und allem Glück — das Gleichgewicht“.

Vooral zijn latere geometrisch-abstracte werk, met de kenmerkende horizontale en verticale zwarte lijnen en het gebruik van primaire kleuren, is wereldberoemd en dient als inspiratiebron voor vele architecten en ontwerpers van toegepaste kunst.

Hij was één van de belangrijkste medewerkers van het tijdschrift De Stijl en ontwikkelde een eigen kunsttheorie, die hij Nieuwe Beelding of Neo-Plasticisme noemde. Mondriaan was de zoon van een streng christelijke hoofdonderwijzer. Zijn vader was naast hoofdonderwijzer ook tekenleraar en leerde hem al vroeg tekenen. In 1880 verhuisde het gezin Mondriaan naar Winterswijk, waar zijn vader hoofd werd van een christelijke school.